Marmor, Stein und Eisen bricht - technische Eigenschaften des Holzes

Vielfalt ist Trumpf. Holz ist ein Verbundwerkstoff, der sich insbesondere durch drei Eigenarten auszeichnet: Anisotropie, Hygroskopizität und Porosität. Diese drei Größen prägen die meisten technischen Holzeigenschaften und deren Variabilität zwischen den Holzarten. Eine Übersicht von Eigenschaften ausgewählter Holzarten ist hier zu finden.

Es knackt im Gebälk. Viele kennen dieses Phänomen: Frisches Kantholz für den Innenausbau gekauft und nach einigen Wochen bilden sich Risse. Schlechte Ware? Keineswegs. Allenfalls schlecht getrocknet. Ursache für das Reißen ist die Anisotropie des Holzes: Die Holzstruktur unterscheidet sich in axialer, radialer und tangentialer Richtung. Entsprechend verschieden sind sämtliche Eigenschaften des Holzes - so auch das Schwindverhalten. Bei unseren mitteleuropäischen Holzarten verhalten sich die Schwindmaße axial zu radial zu tangential angenähert wie 0,4% zu 4% zu 8%. D.h. Holz schwindet beim Trocknen in tangentialer Richtung etwa doppelt so stark wie in radialer Richtung. Das führt zu Rissen. Daher sollte Holz schon vor der Endverarbeitung die Gebrauchsfeuchte aufweisen. Das ist in der Praxis nur durch technische Trocknung und angemessene Lagerung zu erreichen.

Feuchteliebend. Nichts anderes ist gemeint, wenn Wissenschaftler von der Hygroskopizität des Holzes sprechen. Dabei bildet das Holz eine Gleichgewichtsfeuchte mit seiner Umgebung aus. Bei gewöhnlichem Wohnraumklima (20°C, 65% rel. Luftfeuchte) stellt sich eine Holzfeuchte von 12% ein. Etwa ein Achtel der Holzmasse besteht dann aus Wasser. Allerdings ist dieses Wasser auf molekularer Ebene an das Holz gebunden - wir empfinden das Holz noch als trocken. Bei etwa 25-35% Holzfeuchte liegt der Fasersättigungsbereich. Während der Holztrocknung setzt eine Volumenschwindung daher erst bei Unterschreiten der Fasersättigung ein.

Nicht ganz dicht? In der Tat: Die Variationsbreite der Porosität bestimmt die unterschiedliche Dichte (Schwere), oder genauer gesagt die Rohdichte der Holzarten. Die Rohdichte des Holzes im absolut trockenen Zustand (Darrdichte) liegt bei den einheimischen Holzarten etwa zwischen 0,43 g/cm³ (Fichte) und 0,72 g/cm³ (Hainbuche). Bei tropischen Arten umfasst sie den Bereich zwischen 0,2 g/cm³ und 1,3 g/cm³. Die Dichte des frischen Holzes liegt etwa 25%-50% oberhalb der Darrdichte. Bei einigen Holzarten kann sie sogar doppelt so hoch sein. Festigkeit und Elastizität des Holzes hängen primär von der Darrdichte ab. Je "schwerer" das Holz, um so fester ist es. Dabei hat Holz gegenüber anderen Werkstoffen ein günstiges Verhältnis der Dichte zu den elastomechanischen Eigenschaften. Weiter bestimmt die Porosität auch die thermischen Eigenschaften des Holzes. Wärmeübergang und Wärmeleitfähigkeit sind derart niedrig, dass Holz die bauaufsichtlichen Erfordernisse des Wärmeschutzes im Vergleich zu vielen anderen Baustoffen spielend erfüllt.

Steif und fest. Technisch wird die Steifigkeit eines Werkstoffes als Elastizität bezeichnet. Je mehr Kraft aufgewendet werden muss, um Holz zu verformen, um so "elastischer" ist es. Demnach ist Eicheholz elastischer als Fichtenholz. Seltsam, nicht? Ausgedrückt wird dieser Parameter im Elastizitätsmodul. Die Festigkeit hingegen bezeichnet die maximale Spannung, die Holz bis zum Bruch aufnehmen kann. Mit zunehmender Last wird das Holz zunächst reversibel elastisch verformt, bevor direkt vor dem Bruch eine irreversible, plastische Verformung erfolgt. In der Praxis muss die maximale Belastung des Holzes innerhalb des elastischen Bereiches liegen. Meist wird hier mit dem Sicherheitsfaktor 7 gerechnet. Problematisch für die Festigkeit sind nämlich Äste und andere "Holzfehler". Fichteholz mittlerer Güte erreicht z.B. eine Biegefestigkeit von 70 N/mm². Von der DIN 1052 zugelassen ist nur eine Biegespannung von 10 N/mm². (mehr)

 

Literatur:

NIEMZ, P., 1993: Physik des Holzes und der Holzwerkstoffe. Stuttgart: DRW-Verl., 243 S.

GREEN, D.W., WINANDY, G.E., KRETSCHMANN, D.E. (1999): Mechanical Properties of Wood. In: Wood handbook—Wood as an engineering material. Gen. Tech. Rep. FPL–GTR–113. Madison, WI: U.S. Department of Agriculture, Forest Service, Forest Products Laboratory. 463 p. (PDF)

HAYGREEN, J.G., BOWYER, J.L., 1996: Forest products and wood science: An introduction . - 3rd ed. Ames : Iowa State University Press, 484 p.

RIJKSDIJK, J.R., LAMING, P.B., 1994: Physikal and related properties of 145 timbers. Information for practice. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht, Boston, London, 380 S.

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  Anisotropie bei der Schwindung

>Anisotropie: Die Jahrringe versuchen sich beim Schwinden des Holzes "geradezuiegen".
(Gesamtansicht)

   
 

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Typische Trocknungsrisse verlaufen stets in radialer Richtung.

 
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Technische Trockung von Holz in der Trockenkammer. Durch Steuerung von Temperatur und Feuchte wird eine schonende Trocknung gewährleistet.
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Das Resultat: Auf Gebrauchsfeuchte getrocknetes Holz
       
Variabilität der Holzdichte:

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Oregon pine (Douglasie), mittlere Darrdichte: 0,54 g/cm³.
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Azobé, mittlere Dardichte: 0,96 g/cm³. Der Anteil an Kernstoffen hat allerdings auch bei trop. Hölzern nur einen minimalen Einfluss auf die Dichte.
  "Biology meets Physics" <
"Biology meets Physics": Die Jahrringbreite, Faserlänge und andere Strukturparameter beeinflussen Dichte und Festigkeit des Holzes. (mehr)
 
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Biegebruch eines Fichtenstabes (20x20 mm Querschnitt, 300 mm Auflagerweite) bei einer Belastung von 1812 N
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Druckbruch: Dieser Buchenstab (20x20 mm Querschnitt) brach bei 24,48 kN Belastung, einem Gewicht von fast 2,5 Tonnen!
 
       
       
       
       
       
   

 

 
   

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